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Minna Rytisalo: LEMPI

Aus dem Finnischen von Elina Kritzokat

 

Gefallen:

Einhellig ist das Werk bei allen Teilnehmerinnen sehr gut angekommen.

Die Lebendigkeit der Sprache, mit der sich die 3 Ich –Erzähler*Innen sich förmlich ins Ohr graben, nimmt alle gefangen.  Auch dass jede /jeder mit einer ganz eigenen Stimme berichtet,  wie er die Protagonistin  für sich wahrgenommen und gefühlt hat.

Die Diskussionsrunde wird bereits sehr lebendig bei der Frage der Identifikationsfigur, bzw. welche Perspektive der Erzähler*innen am meisten an den einzelnen Lesekreisteilnehmer emotional herankommt .-

  • Viljami , der Ehemann, die Schmetterlinge der 1. Liebe im Bauch, kehrt traumatisiert vom Krieg zurück , führt eine innere Zwiesprache, in der er das Kennenlernen Lempis, sowie die wenigen Monate des Zusammenlebens Revue passieren lässt und seine bedingungslose Verehrung pflegt. Das Bewusstsein der Leere im Dasein des Heimkehrers. Seite 65: "Die Schotterstraße nehme ich nicht. Die ist für Menschen, die wissen, wohin sie wollen, und nicht schnell genug am Ziel sein können."

              

Vergleich:  Wolfgang Borchert, „Draußen vor der Tür„

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  • Dann Elli , die Magd, im Vorhinein vom Schicksal benachteiligt, was ihre Behinderung, soziale Herkunft, finanzielle Situation und zumindest in ihrem Fühlen auch das Aussehen betrifft. Der Ton ist oft hasserfüllt und von Neid gebeutelt, ist doch Viljami ihre Liebe auf den ersten Blick, den sie mit allen Mitteln versucht, für sich zu gewinnen, dass er ihre Werte und Qualitäten erkennen möge.

  • Ihre Erzählung als alte Frau gibt Sisko, die Zwillingsschwester wieder, sie war zum Zeitpunkt des Dramas mit einem deutschen Offizier liiert, der sie letzten Endes sitzen ließ. Sie berichtet von der innig-intensiven Beziehung der Zwillingsschwestern, richtungsweisend wie ein morphogenetisches Feld, spürt in sich nach, wie es der Zwillingsschwester gehen könnte, was gerade mit ihr passiert, dann geschehen ist. Endet in einer Art Ringstruktur, ich muss die Kinder meiner Schwester retten, bin nun für sie da.

 

Die Hauptfigur Lempi ist da und doch nicht da.  Wie wird Lempi vom einzelnen beurteilt:  Wirklich faul, herablassend, selbstgefällig? Oder einfach eine junge, doch etwas verwöhnte Kaufmannstochter, die die Härte des Bauernlebens in der Einsamkeit unterschätzt hat.

Ein Buch mit Diskussionspotenzial ;-) !

Bei der Stimmung im Werk werden Verbindungen zum „Seelenhaus“  geknüpft. Die nordische Mythologie, die das Wesen und Dasein  von Elli bestimmt, die Flüche, mit denen sie Lempi mit bösen Verwünschungen belegt.  

Darüber hinaus stellen sich viele offene Fragen, die den Spannungsbogen des Buches  noch steigern

  • Das Zeitfenster einer Nacht für Geburt und Tod und der Löschung der Spuren, nicht zuletzt „Verschwindenlassen“ der Leiche

  • die Erfolgsleiter von Sisko, von der Verlassenen Rückkehrerin , zur Ehefrau, der Mutter, Studium und Karriere

Nicht gefallen bzw. kritisiert wurde, dass die Zusammenhänge des 2. Weltkrieges insbesondere darin  die Rolle Finnlands nur angerissen, und erst mit dem Nachwort der Übersetzerin  dankenswerter Weise mehr herausgearbeitet wurden

 

Zum Lob des Nachworts der Übersetzerin eines zum Cover des  Buchs:

Die Erklärung  zu der  schemenhaften Figur der lebensfrohen Lempi,  fand ich großartig:  Dass Elli sie durch ihre erhebliche  Leseschwäche so unscharf gesehen hat.  

An dieser Stelle möchte ich mich sehr für die immer fruchtbaren und bereichernden Gespräche und Diskussionen unseres Lesekreises bedanken und freue mich auf viele weitere Begegnungen!

 

Fazit: eine Empfehlung für Minna Rytisalo’s LEMPI!!!

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