Nicola Kabel: Kleine Freiheit
Gerade vierzig geworden, kümmert sich die Richterin Saskia in Elternzeit um ihre beiden Söhne, während ihr Mann Christian zwischen dem Heimatort in der norddeutschen Provinz und einer Kanzlei in Hamburg pendelt. Da bringt ein geplanter Windpark vor ihrer Haustür Saskias geordnetes Leben ins Wanken. Als sie sich in einer Bürgerinitiative engagiert, schenkt ihr Joachim Wedekamp besondere Aufmerksamkeit. Sie gerät in seinen konservativen Zirkel und erlebt beunruhigt, dass sich hinter dessen Widerstand gegen den Windpark eine viel grundsätzlichere Kritik an der heutigen Gesellschaft, der Zuwanderung, dem Wertewandel verbirgt. Wedekamp steht mit seiner väterlich-höflichen Art im Kontrast zu ihrem eigenen Vater, dem Alt-68er Hans, den sie liebt und der ihr oft doch peinlich ist. Bei ihm sind Saskia und ihre kleine chaotische Schwester Sophie in bunten WGs aufgewachsen, nachdem die Mutter die Familie verlassen hatt. Als Jurist durchaus erfolgreich, hat er sich dennoch seine wütende Kritik an der grassierenden Ungleichheit, am globalen Kapitalismus und der Konsumgesellschaft bewahrt, ist so unkonventionell wie eh und je und schont auch keine Verwandten.
In ihrem feinfühligen Debütroman erzählt Nicola Kabel eine berührende Vater-Tochter-Geschichte, die zugleich den Finger in Wunden legt, die die Zerreißroben der Gegenwart uns zufügen.
Nicola Kabel, geboren 1978, studierte Geschichte und öffentliches Recht in Hamburg und war mehrere Jahre Redakteurin.
Der Deutschen Presse-Agentur. Seit 2912 arbeitet sie in der politischen Kommunikation. Sie lebt mit ihrer Familie in Lübeck.

Wie hat es uns gefallen
Das Buch ist flott zu lesen, oft mit leichter Belustigung bei der evtl. sich einstellenden eigenen Reflexion (was möchten doch die erwachsenen Kinder bei der Erziehung ihrer Kinder wiederum nicht alles besser und anders machen ;-))
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Was hat uns gefallen
Die Aktualität der Themen angesichts des allerorten spürbaren Klimawandels und des wie- damit- Umgehens, sorgen für Spannung und Erwartung.
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Was hat uns gestört
Die Lesekreisteilnehmerinnen fanden die Themen teilweise nur angerissen und nicht in die Tiefe gehend. Die Figuren wirkten auf sie oft, vielleicht auch gewollt, klischeehaft überzeichnet.
Nicht hineinpassend, ohne Zusammenhang, erscheint die Szene der Fast-Affäre mit dem Nachbarn Markus, (Klischee liebenswerter Lebenskünstler).
Welche Figuren stehen uns am nächsten
Die Entwicklung der Protagonistin Saskia, deren Kinder- und Jugendzeit, erfahren wir im Rückblick im Roman. Ein Aufwachsen mit Eltern, die versuchen ihren Traum zu leben, das Lebensgefühl der Flower-Power-Zeit, mit der Ablehnung von bürgerlichen Wertvorstellungen und Zwängen, antiautoritär und antihierarchisch.
Saskia und ihre Schwester Sophie, leben in einer Kommune bei Gorleben, die die Mutter irgendwann verlässt. Die Geschwister werden von Hans oft weitergereicht an andere Kommunen-Mitglieder, von denen sich die warmherzigen Bezugspersonen (Georg und Ruth) später für das sogenannte bürgerliche Leben, das verachtete Family-Glück entscheiden. Es bleiben als Familienverband nur die Großeltern, Saskia die Wut und Enttäuschung auf den Vater, der die Kinder abschiebt. Sie möchte in der Erziehung, dem Aufwachsen ihrer Kinder nicht diese Fehler machen, Kontrolle und Ordnung sind ihr sehr wichtig.
Der Vater Hans ist trotz seiner Vorstellungen, Überzeugungen und Grundsätzen in der 68-er Bewegung ein erfolgreicher Jurist, zwischenzeitlich gut etabliert. Seine Widerstände gegen Spießigkeit und kleinbürgerlicher Zwänge demonstriert er nur im Fehlen der Krawatte, zweier offenstehender Hemdsknöpfe und dem mittlerweile graugewordenen Pferdeschwanz.
#109 „Plötzlich verdiente Hans Geld, etwas mehr als 40 Jahre alt. Erstmals bügelte der Hemden. Er reihte sich ein in die Herde: morgens im Anzug raus aus der U-Bahn…“
Am meisten berührt hat uns
Besonders berührend fanden wir die Not von Sas, die nach dem Weggang der Mutter die Fürsorgerolle dieser übernimmt: Das Pausenbrot für die kleine quirlige Schwester, ebenso wie Abwasch, Wäschewaschen etc..
Ebenso ihre Fluchten und Auswege um ihren Altersgenossen vorzuspielen, dass sie dazugehört. Sie will nicht die Außenseiterin sein, kauft sich heimlich zum Beweis selbst Weihnachtsgeschenke, deren Finanzierung sie ebenfalls organisieren muss, da zuhause kein Weihnachtsfest gefeiert wird.
#85 „Dabei hatte Saskia gar nicht gelernt, wie Weihnachten geht. Mal feierten die Frauen in dem großen, gelben Haus Wintersonnenwende.“
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Einen bitteren Geschmack fühlt man ebenfalls als Hans Ex- 68er, erkennt, dass er ohne seine Familie, die Kinder, die er nicht wollte, an Weihnachten einsam dasteht, nicht weiß wohin, was tun.
Was ist unsere Meinung zur Stimmung im Werk?
Die Stimmung im Werk ist bedrückend, das Gefühl der Unzufriedenheit der Protagonisten mit sich selbst, förmlich greifbar. Erschreckend, wie wenig die einzelnen Familienmitglieder voneinander wissen, bis zum Ende.
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Titel, Cover
Der Titel" kleine Freiheit" – Jeder nimmt sich nur seine „kleinen Freiheiten?“
Das Cover zeigt Greifvögel „ im Sog der Windräder“
Wir sprachen über:​
Jugendrebellion von 68 – Protest gegen starre Strukturen – anti-autoritäre Erziehung, Freie Liebe, Wilde Ehe, Auflehnung an die bestehende Wirtschaftsordnung
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Heutige Jugendbewegung/en) Fridays for Future
Den Wandel unserer gesellschaftlichen Werte
Fazit:
Wir würden es empfehlen, verschenken