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Alex Schulman: Verbrenn all meine Briefe

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Der Roman erzeugte in unserem Lesekreis gemischte Gefühle.  Die Charaktere von Olof und Sven wurden als sehr extrem in ihren Persönlichkeiten erlebt und die Aufarbeitung familiärer Konflikte wurden als beklemmend empfunden. Unter dem Gesichtspunkt der transgenerationalen Weitergabe von Traumata aber auch als wichtig und fesselnd. 

Wie im Klappentext angekündigt, untersucht er seine historischen Wurzeln. Es ist kein Wohlfühl-Buch. Manchen wirkt es ein wenig zu aufgesetzt. Seite 158 der Autor: „Ich bin der allwissende Leser“ (der Briefe), „der weiß, wie es ausgehen wird.“  

Und: Wir konnten keinen Sympathie-Träger küren 😉Der Roman wirkt auf uns stark und intensiv.

 

Die Personen der Dreiecksbeziehung:

 

Olof (*1911 - +2002) zu schwärmerisch, seine Texte oft sehr sentimental, schicksalsschwer

  • Seite 156: „..das Tagebuch eines Todgeweihten…“ …(…..) Ein langsamer Weg in den Wahn….

  • 157: … "dass sie die Zeit hier vergoldet“ Seite 177 „sie schlafen miteinander, (…)…er spricht von verschmelzen“

Sven (*1905 – +1996) ist ein Egomane und Narzisst

  • Verfasst Moralische Schriften über die Rolle der Frau –

  • ein Despot, der nach einer überstandenen TB immer noch glaubte, bei jeder Krankheit auf dem Sterbebett zu liegen.

  • „Im Sommer 1932 verlor ich den Glauben an die Menschheit“. – wurde ich Opfer eines sexuellen Übergriffs“  - Den Gipfel des Narzissmus und seines Höhenflugs leistet sich Sven mit dieser Aussage. Unerträglich, einen Betrug gleichzusetzen mit dem Leid, das Opfer von Vergewaltigungen erfahren müssen.

 

Karin (*1907 – +2003)

  •  Seite 212 „Mit Olof braucht sie nicht darüber nachzudenken, wie sie sich benimmt“

  • Seite 154: „Jeder Streit endet damit, dass er mich Hure nennt“. ….“Weil ich ein loses Frauenzimmer bin. Ich bin unrein.“

  •  

  • Die Darstellung von Karins Geschichte und ihr Umgang mit den gesellschaftlichen Erwartungen ist besonders berührend und kontrovers.

 

Wir diskutierten:

Als unverständlich wurde die Ambivalenz zwischen Karin, eine „gestandenen Frau“ mit Erfahrung und Intellekt, die sich auf ein Heimchen am Herd degradieren lässt, und verschüchtert bleibt, empfunden. Die Gruppe ist sich einig, dass das Geburtsjahr (1907) wahrscheinlich eine große Rolle gespielt hat, und zur Stigmatisierung einer geschiedenen Frau geführt hätte. Es wäre ihr vermutlich nicht möglich gewesen, mit Ihrer Stelle als Übersetzerin ihren Lebensunterhalt autark zu bestreiten, da sie vermutlich unter fadenscheinigen Ausreden abgewiesen worden wäre.  

 

Gibt es ein Familienkarma, das einen Teil der Familien-Geschichte weiterreicht?

Wie können wir uns befreien? Die Aufarbeitungstechnik in der Familienaufstellung

 

Wir fanden besonders bewegend:

  • Eine der schlimmsten Szenen des Buches, ist Svens öffentliche Lesung der Abtreibung aus Karins vorehelicher Beziehung. Entwürdigung und Enttäuschung sind nicht ausdrucksstark genug, um die Meinung der Gruppe wiederzugeben.  Seite 196 -199: „Brandschrift über den Verfall der Sexualmoral“.

  • Einen Markstein der Resignation setzt die Situation nach dem „Autounfall, eher Mordversuch, der ein erweiterter Suizid war.  Seite 40 , ein Mordversuch oder erweiterter Suizid …“nirgendwo in seinem Buch oder wenn er davon erzählte, erwähnte er, dass meine Großmutter auch mit im Auto gesessen hatte…..(…).. ihr Gesicht hatte Feuer gefangen, sie erlitt Brandwunden 3. Grades an Brust und Hals….“ Seite 266: Sind wir uns einig?

 

Fazit:

Insgesamt war der  Roman eine intensive und tiefgründige Lektüre, eine Anregung für den Leser zum Nachdenken über die Auswirkungen vergangener Traumata auf die Gegenwart.

Es steht schon auf Seite 40: „ Und das Gift wirkte über Generationen fort. Wir lernten alle, einander zu hassen.

 

Jedoch: Bleiben SIE Positiv!!! 😉

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