Snowflake - Louise Nealon
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Wie hat es uns gefallen:
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Bei unserer aktuellen Autorin handelt es sich um eine der Jüngsten, die wir bisher besprochen haben, das spiegelt sich deutlich in der Sprache ihres Romans wider.
Wir sind uns einig, dass unser Leseverständnis generationsbedingt einen Unterschied reflektiert.
Der Ton wird von uns als deftig, aber unaufgeregt und authentisch aufgenommen.
Er soll provokant, und bewusst von unserer Perspektive abweichend sein, wobei Tabubrüche genutzt werden, um Identität und Rebellion auszudrücken.
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In einem Interview mit der Irish Times, erklärt sie, dass sich schon der Titel „“Snow Flake an ihre Generation richtet, die oft abfällig als Schneeflocke bezeichnet wird.
Die „Welt“ Weicheier-Alarm: Die verhätschelten „Schneeflocken“ und ihre Feinde - spricht von einem Schmähbegriff in Großbritannien und der USA, inzwischen ist er wohl ebenso in Deutschland angekommen.
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Die Autorin hat viele Aspekte ihrer eigenen Erfahrung in die Figur der Protagonistin Debbie und ihrem Erwachsenwerden integriert. Autobiografisch inspiriert thematisiert sie die Konflikte zwischen ihrer Herkunft, ihrem Zuhause, einer irischen Milch-Farm und den Erlebnissen während ihres Studiums, erschwert durch ihre Depression.
Dieser Kontrast, Land- und Stadtleben, wird zusätzlich durch eine Familie erschwert, die man alles andere als intakt nennen kann.
Was hat uns gefallen:
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Es fehlt nicht an Situationskomik, die nicht jeden Geschmack trifft, aber sie ist da.
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Humor (Cemetry Sunday) S. 65: "Zur alljährlichen Freiluftmesse strömt das ganze Dorf auf den Friedhof. Es ist ein Event, das gleichermaßen Spektakel und ehrlicher Aufwand ist – eine Kreuzung aus Schweigewallfahrt und dem langweiligsten Open-Air-Konzert der Welt."
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Briefwechsel S. 154
"Debs! Meditation ist so ein richtiger Gamechanger für mich.
Das musst du unbedingt auf dem Hof probieren.
Ich schreibe zurück:
Ich meditiere seit Jahren auf dem Hof. Bei uns heißt das Kühe melken."
Poesie:
Seite 64: "Ozean. Sprich es laut aus. Den Klang kannst du schmecken. Das Wort Ozean leitet sich vom griechischen Titanen Okeanos ab, einem großen Gewässer, das die ganze Welt umfließt. Egal, wo auf der Welt Wasser ist, am Ende findet es immer den Weg zurück nach Hause in seinen Körper, wo der stete Wellenatem es in den Schlaf wiegt. Im Ozean träumt das Wasser."
Träume und Realität: "Sobald Regen das Meer berührt, wird er nicht mehr Regen genannt. Sobald ein Träumer einen Traum betritt, gibt es keinen Träumer mehr."
Seite 111: „Wendeltreppenschnecke „Muscheln und Schneckenhäuser sind Gedankenfossilien – versteinerte Träume…(…) Innen drin ist eine Wendeltreppe, die nur darauf wartet, dass der Schlaf herabpurzelt."
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Kritisiert wurde:
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Wir kommen auf die Sprache zurück 😉
Die Unterhaltungen mit Freundin Xanthe, oft roh und düster - sexuelle Details, die keiner wissen wollte.
Es wird teilweise sehr sprunghaft und unzusammenhängend erzählt.
Wir fanden besonders berührend:
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Besonders belastend und dramatisch war für uns die Schilderung der Situation, als Debbie die manisch-depressive Mutter nach dem Tod des Lebensgefährten in die Psychiatrie einliefern lassen muss.
Lieblingsfigur des Romans:
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Am liebenswertesten fanden wir den exzentrischen Onkel Billy, der mit seiner griechischen Mythologie lebt, und einer Heilgabe 😉. Er versucht trotz Alkoholismus alles nach besten Kräften zusammenzuhalten.
Herzlich und herzerwärmend die Klavierlehrerin Audrey: Seite 281 „Ich klammere mich an sie, will mich vergewissern, dass sie echt ist, habe Angst, dass sie verschwindet, wenn ich loslasse.“
Fazit / Botschaft:
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Dieses Buch ist kein Wohlfühl-Buch.
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Louise Nealon ist der Umgang mit psychischen Erkrankungen sehr wichtig, insbesondere über das Schweigen darüber in ihrem Land.
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Die Liebe zu Familie und Freunden spielt eine zentrale Rolle sich selbst zu respektieren und die eigene Identität zu wahren. Ein liebevoller Umgang miteinander hilft. Auch in Zeiten zahlreicher Krisen ist entscheidend, dass wir Verbindungen knüpfen und Beziehungen pflegen.
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