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Juli Zeh Über Menschen:

 

Was hat uns gefallen:

Wir besprechen diesmal ein Buch, das sich hautnah mit aktueller Gesellschafts-Problematik befasst, ob Klimawandel, Populismus oder Corona-Thematik. Da ist zum einen die gewiss noch nicht mental aufgearbeitete, völlig neue Situation einer Pandemie und was sie verändert hat, uns und unser Verhalten.  Zum andern die Ansichten und Meinungen verschiedenster Gruppierungen und dem Verständnis, der Toleranz unterschiedlicher Positionen.

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Wie hat es uns gefallen:

Der Ton der Protagonistin ist schnoddrig und modern, die Anglizismen fließen nahtlos ein und gehören, so die Meinung der Gruppe, zu unserem heutigen Sprachgebrauch dazu.

Die Überlegungen und Gedanken Doras, sind sehr treffend und pointiert ausformuliert.  Die Autorin hebt weder den Zeigefinger, noch polarisiert sie. Vor allem in der Corona-Thematik zeigt sie die Angst vor dem Unbekannten, das bedingungslose Glauben-Wollen Aller, was richtig und falsch ist.

Eine starke Seite ist der Wortwitz Doras, die sich vorstellt mit „DORA“, als Akronym für Dorf-Rand 😉

Seite 24: „the Walking dead in Berlin“.

Robert hat sich in die Panik verliebt - Seite 70: „I decided  to Panic“ hatte Greta gesagt (deren wörtliche Rede)  und Robert tat es ihr nach".

Gote, Seite 191: „homo giganteus brackensis“ 

Beerdigung: „Outlaws im Anpassungsmodus“

 

Personenklischees:

Die Autorin versteht es, die agierenden Personen gekonnt zu überzeichnen, um den Leser schmunzelnd zum Nachdenken zu bringen:

Axel, Doras Bruder, hat Zwillingsmädchen, ist Hausmann und Vollzeitvater, dank seiner Ehefrau Christine. Diese arbeitet in einer großen Kanzlei; ist systemrelevant.

Mitbewohner des 285-Seelen Dorfes Bracken Tom und Steffen, das homosexuelle Paar, Tom hat einen Blumenladen. Seite 126: „Dont’t forget the Kornblumen in the drying chamber!“

Sein Mann Steffen ist Kleinkunstdarsteller und arbeitet in der Pandemie als Kabarettist über Video.

Jojo, Doras Vater, ist erfolgreicher Arzt und Professor an der Charité.

Seite 263: „Natürlich, er rettet nicht nur Leben, trinkt erlesene Weine und hört moderne Klassik – er liest auch zwischendurch noch internationale Gegenwartsliteratur."

 

Nicht gefallen hat uns:

Weniger witzig und etwas nervig fanden wir, dass Jochen, der Rochen, ständig repetiert wird.

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Besonders berührt..

..hat uns Seite 364  der Ausflug zu Gotes Kindheits-Ort. Wir glauben, es war aus Sicht Gotes der Versuch, seinen „Werdegang“ zu erklären. Gleichzeitig zeigt es Dora eindrücklich Gotes hassgefülltes Umfeld von Jugend an.

Dora ist schockiert und entsetzt: Seite 365: „Dora versteht nicht gleich, was er meint. Dann begreift sie und schlägt innerlich auf dem Boden auf.“

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Interessante Relationen:

Seite 69: „Wer war klimaneutraler, ein Aktivist, der quer durch Europa zu Demos fährt, oder eine uneinsichtige Oma, die zwar auf Mülltrennung verzichtet, aber noch nie im Leben ein Flugzeug bestiegen hat. Was war aus der Gewissheit geworden, dass es keine absoluten Gewissheiten gibt, weshalb man an allem gezweifelt, über alles gesprochen und gestritten werden muss".

Seite 218 „Kaum zu glauben, dass sich ein stinkreiches Land Regionen leistet, in denen es nichts gibt (komplett fehlende Infrastruktur)…..(..).."

Seite 339/340 Minneapolis I can’t breathe“: “Der ganze Wahnsinn dieser verkorksten Welt legt es nahe, auf Emotionen zu verzichten“.

Seite 343 (zu 339/340) „In Deutschland zeigt man sich gewohnt fassungslos. Allerdings, wie Dora scheint, gemischt mit Erleichterung, weil der Rassismus gerade woanders stattfindet…“

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Fazit:

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Die Geschichte Ist nicht beschönigend, weder in Sprache, noch in den Schilderungen, ohne Wertung menschelt es sehr.

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Absatz der Seite 367: …es hat sich herrlich angefühlt …“UND OB ICH BESSER BIN“. Aber auf den zweiten Blick ist der Satz die Mutter aller Probleme. Am Ortsrand von Bracken und im globalen Maßstab. Ein Langzeitgift, das die ganze Menschheit von innen auffrisst.“

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