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Mariana Leky: Was man von hier aus sehen kann

 

Die Zauberwelt Luises, der Protagonistin in der Coming of Age Erzählung, oder:

Die Welt, in der wir gerne leben möchten?

 

Once upon a Time in einem kleinen westerwäldischen Dorf in den 80er Jahren, wo die Menschen skurril, sehr Erd- und Mystik- verbunden sind, verschroben in der ihnen eigenen kleinen Welt.

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Wir stellen fest:

Eine Bearbeitung der Geschichte mit pragmatischen, praktischen oder gar zweckmäßigen Überlegungen ist nicht möglich, und wird nur zu Enttäuschungen führen, hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit der Ereignisse und Begebenheiten. 😉

Alles ist aus Sicht des neunjährigen Mädchens Luise und ihrer Wahrnehmung geschrieben. So werden beispielsweise keine zum Einsturz gefährdeten Böden repariert, sondern lediglich als außerordentliche Gefahrenstelle kenntlich gemacht.

Der Roman umfasst 20 Jahre Entwicklung des 9-jährigen Kindes, bis zu dessen Abitur. Erwachsenwerden und Ausbildung zur Buchhändlerin bei Buchhändler Rödder, wir leiden mit beim erstmaligen Erleben Luises von Freundschaft,  Liebe und Verlust.

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Was sich als logisch aufdrängt, wird oftmals ausgeblendet, manche Akteure sind mit ihrem Berufsstand und gleichsam mit ihrer Charaktereigenschaft oder ihren Gemütszustand beschrieben, aber nicht „benamt“.

Bemerkenswert: etwa der tatsächliche Name des verliebten Optikers in (Oma) Selma kommt erst auf den letzten Seiten ans Licht, indem er während eines Telefonats sich namentlich vorstellt.

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Die Figurenzeichnungen der Personen  und ihrer Charaktere sind sehr lebendig:

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Da ist der

  • Schulkamerad MARTIN, der „Hochheber“ (Idol der Kran von Schachty), kommt bei Zugunfall ums Leben - sein Vater Palm ist Alkoholiker

  • SELMA, Luises Oma, unbewusste Doppelgängerin von Rudi Carell 😉, sieht durch Okapi-Traum den Tod voraus  …“Selma trug eine große violette Rüschen-Badehaube, die aussah wie eine Hortensie und die sie sich von Elsbeth geliehen hatte, damit Rudi Carrells Frisur nichts geschah“.

  • OPTIKER– Dietrich Hahnberg, Liebesbriefschreiber, Mitarbeiter des Monats der der einzige Mitarbeiter ist. -ist schon seit Jahren in Selma verliebt, unzählige Briefe angefangen, nie zu Ende gebracht, oder gar abgeschickt.

Selma und der Optiker sind beide maßgeblich in die Erziehung, Entwicklung und Bildung von Luise und Martin involviert.

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  • Die Ehe der ELTERN Luises ist weder harmonisch, noch funktioniert sie, beide wirken eher als Nebendarsteller, immer zweifelnd, ob man sich nicht besser trennen sollte.

Mutter Astrid (Besitzerin des Blumenladens Blütenrein) hat es ewig eilig, und ein Verhältnis mit dem Eisdielenbesitzer Alberto mit Vorliebe für klingende Namen seiner Produkte z.B. „Flammende Versuchung, Heißes Verlangen“.

Vater Arzt und Aussteiger, lebt in dem Gefühl etwas verpasst zu haben, möchte die Welt sehen und geht dann auf Reisen. „Ein bisschen mehr Welt hereinlassen“.

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  • HUND ALASKA  als Metapher für Schmerz (des Vaters eingekapselter, der so externalisiert werden soll laut. Dr. Maschke), Mischling irischer Wolfshund mit Pudel (wer kann sich darunter etwas vorstellen?)

  • Die abergläubige ELSBETH, Kräuterhexe wohnt am Dorfende stellt u.a. Schneckensalbe her, die graue Haare wieder blond machen soll.

  • FREDERIC, der Mönch aus dem Wald, konvertiert zum Buddhismus, lebt in einem Kloster in Japan.

„Luise liebt einen Buddhisten, der nicht zölibatär in Japan lebt und uns in drei Wochen besucht“  S. 162

 

  • Die immer schlecht gelaunte, traurige MARLIES, deren Tante hat sich mit 92 Jahren erhängt hat, und Marlies fand, „da lohnte das Aufhängen auch nicht mehr“ S 56 

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Besonders gefallen hat uns:

Der Ton der Erzählung ist bewusst dem Alter Luises und Zeitgeist der 80er Jahre angepasst.

Beispielsweise

  • die Pralinen Mon Cheri zum Geburtstag Selmas, „da die Füllung so entspannend sei

  • 3. Teil des Buches Kapitel S 147 „Unendliche  Weiten"  Star-Treck-Serie (Raumschiff Enterprise),

  • der Märchenwelt, Heinrich, der Wagen bricht S.279, Der Froschkönig,

Detailliert wie nur  Kinderaugen zu beobachten, registrieren,die Beschreibungen der „Anzugsordnung“ der traurigen Marlies, die die Farbe ihrer Unterhosen mit einem ausgeleierten Norwegerpullover kombiniert. Es mag manchen Leserinnen mitunter allzu viel des Guten sein, amüsiert jedoch durch die Bildhaftigkeit, die hängen bleibt.

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Es wurde kritisiert:

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Unstimmig: Luise ist 1 Jahr jünger als Martin und macht ihm die Hausaufgaben

Fragwürdig: Die „Läuterung Palms, (Vater Martins), der nach dem Verlust des Sohnes vom Alkoholiker zum bibeltreuen Gläubigen.

Der Hintergrund des Mönchs fehlt, er kommt aus dem nichts, Familie?

Zu viele Wiederholungen, wiederkehrende Sätze und Szenen.

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Was hat uns besonders berührt:

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Das Wort/Ähnlichkeitsspiel mit Oma Selma, Optiker, Martin und Luise, S. 50, überhaupt, ihre Hingabe zu den Kindern

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Zitate:

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"Keiner ist alleine, solange er noch WIR sagen kann" (S. 287)

"Wenn wir etwas anschauen", S. 162)

"Martin erkannte einen jungen Braunbären der sich sowohl mit seiner Farbe als auch mit dem Westerwald vertan hatte".

Frederic: "Du bist verschwommen, Luise"

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Der Roman endet mit der Entscheidung Luises, hinaus in die weite Welt zu treten. Geht gut aus, stimmig und nicht abrupt.

 

Zum Buchtitel:

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"Wenn man etwas gut Beleuchtetes lange anschaut, und dann die Augen schließt, sieht man dasselbe vor dem inneren Auge nochmal als unbewegtes Nachbild, in dem das was eigentlich hell war, dunkel ist, und das was eigentlich dunkel war, hell erscheint." Prolog Seite 9

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Fazit:

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Vergleich zu „Helle Tage“ ein Resilienz- und Mutmach-Buch, wir würden es verschenken, empfehlen.

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