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Mary Ann Shaffer und Annie Barrows: Deine Juliet

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Same procedure...: Ergänzung zum Klappentext- Inhalt: Die junge und aufstrebende Autorin Juliet Ashton ist auf der Suche nach einem Thema, einer Idee für ein neues Buch,  als ein Inselbewohner  Guernseys sie anschreibt, um sich für ein Buch, dessen Vorbesitzerin sie war, zu bedanken.

Ihre Definition von Schriftsteller*innen: Seite 38 “...ist von Berufs wegen verpflichtet, die Nase in anderer Leute Angelegenheiten zu stecken.“  😉

 

Man schreibt 1946, das Jahr nach Beendigung des 2. Weltkrieges, einer Gewaltzeit, die die Menschen traumatisiert und nicht nur ihrer Illusionen beraubt, hinterlassen hat.  Auch Juliet wurde in London ausgebombt.

 

Wie es uns gefallen hat?

Einmal mehr haben wir es mit einer starken Persönlichkeit als Protagonistin zu tun, Juliet ist fortschrittlich, selbstbewusst.

Das Buch liest sich flüssig und unterhaltsam dazu mit amüsanter Note also sehr erbaulich.  Es sollte jedoch deshalb nicht heruntergebrochen werden auf flache Unterhaltungsliteratur. Ohne die Traurigkeit und Tragik der schwierigen Nachkriegs- Besatzungszeit in irgendeiner Weise zu beschönigen, werden die Zustände von Not, Hunger, Verzweiflung geschildert. Berichtet wird gleichermaßen von der Verbitterung der Inselbewohner und deren quälenden Auflagen durch den Feind, als auch vom Leid und Elend der Zwangsarbeiter.  

 

Was uns gefallen hat:

Der Schreibstil ist ein Brief-Roman, in fortlaufender chronologischer Reihenfolge von Januar -September 1946, in denen im Briefwechsel die Begebenheiten von Juni 1940 - 1945, der Invasion der Deutschen auf Guernsey, erzählt werden.

Der Briefwechsel ist in der Sprache der 40er Jahre verankert.

Die Figurenzeichnungen passen zur jungen, sehr begeisterungsfähigen Protagonistin. Die Charaktere sind eindringlich dargestellt.

Die Hauptakteure:

  • Juliet, engagiert, temperamentvoll und bezaubernd erfrischend, mit einem sonnigen Gemüt, und einem gehörigen Schuss britischen Humor!

Sie gibt zwei Empfehlungen (auf Nachfrage der Leiterin des Buchclubs, bevor sie Interna mit ihr teilen möchten), um ihren Charakter beurteilen zu können :

Positiv:   Hochwürden Simon Simpless 

Negativ: Lady Bella Taunton, sie ist überzeugt, Juliet hat keinen Verstand  (Seite 49)   

  • Dawsey Adams, zurückhaltend und schüchtern, aber im Ernstfall mit viel Überzeugungskraft, ein Mann der Tat, umsichtig und hilfsbereit. Er schätzt und sammelt die Bücher von Charles Lamb 1774-1834, Essayist.

  • Markham Reynolds, ein vermögender Amerikaner ist Juliets Verehrer,, selbstherrlich, mit Hang zur Arroganz - Seite 77 : Juliet: „Opernkarten sind schwer zu bekommen“…Mark: „Er wird sich mit einem Stehplatz begnügen…(..)“

  • Isola Pribby liebt Tiere, Eingemachtes und ihre Elixiere …und: Die Sturmhöhe von Emily Bronte

  • Amelia Maugery mag die Natur und Landwirtschaft, daher jede Menge Fachbücher darüber, was die Auswahl des frisch gegründeten Buchclubs bei den Büchern erschwert, und Die Pickwickier von Charles Dickens

  • Eben Ramsey, der „Postmeister“ entscheidet sich für Shakespeare eine Auswahl Dickens + Wordsworth Seite 71: „Hätte ich die Worte -der klare Tag ist hin, im Dunkel bleiben wir- denken können, wäre ich ein wenig getröstet und bereit gewesen.“ (zum Tag der Landung der Deutschen)

  • John Booker - alias von 1940 -44 Lord Tobias Penn-Piers (die Idee Elizabeths, da die Mutter Jüdin ist. Seite 98) Er schwört auf Seneca und liest mit Hingabe immer dasselbe Buch.

Seite 98: "Es scheint, dass man mit Senecas Wort gut fährt –" 

Seite 101: „Mit der Zeit liebte ich unsere Büchertreffen – (…)ich blieb Seneca treu. Manchmal hatte ich das Gefühl, er spräche zu mir. Sie halfen mir, die Besatzung erträglich zu machen.

  • Adelaide Addison, die Missgünstige und Gehässige in „christlicher“ Besorgnis und Bestürzung

  • Und … Elizabeth!!, das Herz am rechten Fleck, mutig, sehr hilfsbereit und empathisch, von ungeheurem Einfallsreichtum. Juliet fühlt sich mit ihr seelenverwandt, die Liebe zu Büchern, ästhetischer Blick für schöne Dinge.

 

Das hat uns besonders berührt:

Ganz besonders zu Herzen gehend war für uns die Stelle der Kinderverschickung Seite 82 in Eben Ramseys Brief, der seinen Enkel verabschieden musste (Elis Mutter war hochschwanger und konnte nicht mitkommen), und Seite 135: „Die kleinsten Kinder waren ganz aufgeregt..(..) Manche dachten, es sei so etwas wie ein Sonntagschulausflug und sie würden bei Einbruch der Dunkelheit zurück sein..(..).Die älteren Kinder wie Eli wussten es besser.

Sehr bewegend auch die innige Bereitwilligkeit des Buchclubs: In der Hauptverantwortung kümmert sich nach ihrer Verhaftung Amelia Maugery um Elizabeths verwaistes Kind. Der Freundeskreis unterstützt sie abwechselnd wochenweise  in der Betreuung, so dass es in der dörflichen Gemeinschaft behütet ist.

 

Wir sprachen über:

Die Entwicklungsform  von Elizabeth zur Hauptfigur des Romans, den Juliet schreibt.

Die Bewältigung der Situationen durch Literatur, der Verbindung der Menschen durch Literatur, als Kultur. Sie erfahren so ein neues Bewusstsein der Zusammengehörigkeit, Verbundenheit und Gemeinsamkeit. Der Buchclub als Zufluchtsort. Aus Dorfnachbarn, Bekannten, nahezu Fremden wurden Freunde. „Beim Disputieren wuchsen sie sich gegenseig immer mehr ans Herz.“-

 

Die Landschafts-Stimmung>

<der Kanalinsel  ist im Roman sehr schön nachempfunden, die Liebe seiner Bewohner zu ihr wird mit Juliet begeistert geteilt. Seite 151: „es gibt keine schönere Anfahrt nach Guernsey als von der Seeseite - im Licht der untergehenden Sonne, mit goldgeränderten, schwarzen Gewitterwolken oder der aus dem Nebel auftauchenden Insel“ -  „ immer wieder der Blick von den Klippen, Wiesen mit Wildblumen , hohe Gräser und Ginster“,

Seite 181 „bewaldete Täler, Herrenhäuser, Dolmen, wilde Klippen, Hexenwinkel, Scheunen im Tudorstil und normannische , steinerne Cottages“ ...u.v.m.

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Lieblingszitate:

Schön schräger britischer Humor:

„Möchtest du zu mir kommen? Ich habe eine Wurst. Juliet“  -Seite 142

 „Lieber Mark, (…)..hinterher  können wir uns die Mumien anschauen – Juliet“ - Seite 109

Nach dem Unfall Sidneys: „…etwas schicken, was zur Genesung beiträgt? Bücher, Schallplatten, Pokermarken, meine Blut?“ - Seite 93

 „Was sagt der Arzt zu deinem Bein, Sidney – Du hattest ja inzwischen genug Zeit, dir ein neues wachsen zu lassen. Grüsse und Küsse deine Juliet“ - Seite 123

 

Fazit:

 Lesen!! Zum Vergnügen, wobei ich mich hier Brecht’s Gedicht bediene:

 

Vergnügen:

Der erste Blick aus dem Fenster am Morgen

Das wiedergefundene alte Buch

Begeisterte Gesichter

Schnee, der Wechsel der Jahreszeiten

Die Zeitung

Der Hund

Die Dialektik

Duschen, Schwimmen

Alte Musik

Bequeme Schuhe

Begreifen

Neue Musik

Schreiben, Pflanzen

Reisen

Singen

Freundlich sein😉

 

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