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Iris Wolff: Die Unschärfe der Welt

 

Die 7 Kurzgeschichten beleuchten immer aus der Sicht einer anderen Person eine Familiensaga aus dem Siebenbürgern und Banat in dessen Zentrum ein alter rumänischer Pfarrhof steht.

Sie spielen in der Zeit des 20. Jahrhunderts, von König Michael von Rumänien, der Auflösung des Ostblocks, des Endes des Diktators Ceausescu, bis ins wiedervereinigte Deutschland 

Die Episoden erzählt jeweils die Person, die miteinander verbunden bzw. verwandt sind.

Personenkonstellationen:

  1. Generation, Karline + Johann, Eltern von Hannes

  2. Generation, Florentine + Hannes; Eltern von Samuel

  3. Generation Samuel + Stana

  4. Generation Livia, die Tochter von Samuel + Stana

Der Protagonist, die Hauptfigur ist eindeutig Samuel, der als einziger nicht erzählt.  

 

Was hat uns gefallen:

Die Sprache der Autorin ist sinnlich, intensiv und überaus poetisch, bewegt sie sich auf hohem Niveau. Ebenso weiß sie die Ironie einzusetzen, die Sprache ist dann frech, lebendig, bildhaft.

„Geliehene Bücher waren wie Sex mit angelassenen Klamotten“ (Bene)

In der Geschichte von Oz: „Der Sohn der Sonne liebte sein Volk…..(….)   Das Genie der Karpaten lebte bescheiden.“  Die Beschreibung des Diktators und seiner Frau S.130-131

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Was hat uns besonders berührt:

 

  • Die starken Frauen des Buchs:

„Was meinst du mit einheimisch? Schwäbisch, slowakisch, ungarisch, rumänisch, tschechisch, jüdisch oder vielleicht serbisch?“ Florentine S 113

Die Erinnerung ist ein Raum mit wandernden Türen“ Karline S. 69

 

  • Beschreibung der Einsamkeit(en)

Es gab verschiedene Einsamkeiten. Die des Berges, der schon immer da war. Die der offenen Landschaft und des Gefühls des Verlorenseins. Die der Großstadt mit ihrer Gleichgültigkeit. …(…) S. 159

  • Die Rolle des Zauberers Oz, im Buch Samuels Freund Oswald, der dem Drachen, dem Regime entkommen will.

  • Die tragischen Eltern Ruth und Severin, die ihren Sohn Echo durch einen Unfall verloren

  • Beschreibung der Erinnerung: Es gab eine Zeit, die vorwärts eilte, und eine Zeit, die rückwärts lief. Eine Zeit, die im Kreis ging, und eine, die sich nicht bewegte, nie mehr war als ein einzelner Augenblick. S.41

 

Zum Buchtitel:

Etwas kann so oft, und eindrücklich erzählt werden, dass man meint, sich selbst daran zu erinnern…S 183 Liv an anderer Stelle wird etwas immer deutlicher, als sähe man durch blankes Glas.

Je näher wir an etwas dran sind, desto unschärfer nehmen wir es wahr.

 

Fazit:

Dieses Buch KANN nicht nur einmal gelesen werden, so viele Metaphern, poetische Sätze, Verbindungen, Formulierungen, die bewegen, treffen, zum Verinnerlichen und Nachdenken, die sich verdauen lassen müssen.

Von Metaphern aus der Welt der Zauberer, die Illusion des Varietés zur Regime-Kritik, ein die Vielfalt des Regenbogens.

 

Francis Bacon:

Manche Bücher darf man nur kosten, andre muss man verschlingen und nur wenige kauen und verdauen.

 

.. und dazu die Autorin: Seite 175: "Jedes Buch hatte seine Zeit, es vorher lesen zu wollen, war töricht, es zu spät zu lesen, vergeblich. Eines der Gedichte fing den Gesang eines Vogels ein. Die Melodie sei im Baum, behauptete der Skeptiker. Die Poesie sagt, sie ist in dir. Das Ohr kleidete das Gehörte in hell und dunkle Farben."

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